Vor über 200 Jahren war Deutschland noch kein richtiges Land, wie wir es heute kennen. Stattdessen war es ein Flickenteppich aus vielen kleinen Staaten: Königreiche, Herzogtümer, Fürstentümer – über 300 Stück! Jeder hatte eigene Gesetze, eigenes Geld und manchmal sogar eine eigene Armee. Reisen von einem Ort zum anderen war oft kompliziert, denn man musste Zölle zahlen und verschiedene Regeln beachten.

Die Menschen wünschten sich Einheit und Mitbestimmung

Doch im 19. Jahrhundert veränderte sich vieles. Die Menschen wollten mehr Einheit und Mitbestimmung. Sie sprachen dieselbe Sprache, hatten ähnliche Bräuche und fühlten sich als Deutsche. Deshalb wünschten sich viele ein gemeinsames Land – einen Nationalstaat. Das heißt: ein Land, in dem Menschen mit derselben Sprache und Kultur zusammenleben und gemeinsam entscheiden.

Ein Mann spielte dabei eine besonders wichtige Rolle: Otto von Bismarck, der Kanzler von Preußen. Preußen war der größte und stärkste deutsche Staat. Bismarck hatte einen Plan: Er wollte die deutschen Staaten zu einem Reich vereinen – aber unter der Führung Preußens. Um das zu erreichen, führte er drei kurze Kriege: gegen Dänemark, gegen Österreich und gegen Frankreich.

Ausrufung des Deutschen Reiches

Nach dem Sieg über Frankreich im Jahr 1871 rief man im Schloss von Versailles das Deutsche Reich aus. Zum ersten Mal gab es einen gemeinsamen deutschen Staat. Wilhelm I. von Preußen wurde der erste Deutsche Kaiser. Das war die Reichsgründung. Viele Menschen feierten, weil sie nun endlich in einem geeinten Land lebten. Doch es war kein Land mit echter Demokratie: Der Kaiser und Bismarck bestimmten fast alles, das Volk durfte wenig mitentscheiden.

Trotzdem war das Deutsche Reich ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur modernen Demokratie. Heute leben wir in einem vereinten Deutschland, in dem alle Menschen gleiche Rechte haben und mitbestimmen können – auch weil damals der Wunsch nach Einheit und Freiheit so stark war.